Die Chinesenstadt

Geschichte von Sebastian Perfeller

1814 - Sebastian Perfeller wird am 10. Januar in Eschenau/Pinzgau auf geboren. 

1827 - Sebastian erlernt das Schmiedehandwerk, da sein Vater ihm aus finanziellen Gründen kein Studium ermöglichen kann. 

1829 - Am 11. Dezember kauft sein Vater Jakob Perfeller die Schmiede in Fürth, die Sebastian 1835 übernimmt. 

1839 - Sebastian heiratet seine Frau Gertraud und zwischen 1841 und 1848 werden die Kinder Anna, Johann, Jakob und Maria geboren. 

1862 - Am 01. Oktober verlässt er seine Heimat. Über Traunstein, München, Augsburg, Nürnberg, Bamberg, Coburg, Weimar, Halle, Magdeburg, Braunschweig kommt er nach Hamburg, wo er das 100-jährige Jubiläum des Baus der St. Michaelskirche miterlebt. 

Am 28. Oktober schifft er sich auf dem Auswandererschiff "Gellert" mit 380 Auswanderern ein. Am Abend des 14. Dezember legt das Schiff nach einer für Perfeller interessanten, aber anstrengenden Seereise im Hafen von San Francisco im Süden Brasiliens an. 

Am 17. Dezember erfolgt die Weiterreise in die deutsche Kolonie nach Joinville. Von dort aus besucht er seinen Bekannten Kohler aus Hopfgarten, dessen Anwesen zweieinhalb Stunden außerhalb der Stadt liegt. Die üppige Vegetation beeindruckt ihn mehr als das bäuerliche Leben in der Kolonie, wo ihn die mageren Erträge der Landwirtschaft enttäuschen. Etwa ein Vierteljahr bleibt er bei der Familie Kohler, einerseits um sich von einer Magenschleimhautentzündung zu erholen, die er sich auf der Schiffsreise zugesogen hatte, andererseits um die ihm fremde Welt zu erkunden.

1863 - Am 12. März verlässt Perfeller Joinville erreicht nach siebenstündiger Zugfahrt San Francisco. Dort muss er einige Tage auf die Abfahrt des Dampfschiffes nach Santos warten und nutzt die Zeit, um die Stadt zu erkunden. Am Palmsonntag kommt er in Santos an und findet sofort Arbeit beim Schmiedemeister Seidenthaler. Dort wird er sehr gut verpflegt und erhält mit 10 Gulden pro Woche einen guten Lohn. 

Am 05. September verlässt er mit der Bremer Bark "Mathilde" den Hafen von Santos, um am 15. November in Hamburg-Altona wieder europäischen Boden zu betreten. Über Leipzig, München, Salzburg und Reichenhall geht es zurück nach Fürth, wo er Anfang Dezember eintrifft. 

1865 - Perfeller baut die bereits 1862, vor dem ersten großen Riesen, im Fürther Graben errichtete Hütte am Kohlplatz zu einem kleinen Häuschen aus. 

1866 - Wieder erwacht die Reiselust. Neugierig geworden durch brieflichen Berichten von zwei Freunden, die in den Norden der USA ausgewandert waren, tritt er am 06. Oktober seine zweite Reise an. Die Landreise nach Hamburg führt über München, Weimar und Magdeburg. 

Am 16. Oktober schifft er sich mit über 1000 Menschen auf dem großen Auswandererschiff "Allemania" ein. Nach einer unruhigen und stürmischen Seereise erreicht die "Allemania" am 28. Oktober den Hafen von New York. Fünf Tage später geht die Reise weiter nach Westen: Dünkirchen am Erisee, Toledo, Chicago sind die Zwischenstationen, ehe er am 20. November Colona, das Ziel seiner Reise, erreicht. 

1867 - Gastfreundlich aufgenommen von seinen Freunden Pichler und Reiner und etwas erstaunt über deren relativen Wohlstand - sie waren damals mit nur 300 Talern aus dem Pinzgau ausgewandert - versucht er Arbeit als Schmied zu finden. Weder in Colona noch in Chicago hat er Glück. Erst nach langem Suchen findet er in Colona Arbeit, allerdings nur für drei Monate bei freie Kost und Logis und einem Monatslohn von 50 Gulden. Da es ihm in anderen Städten nicht anders erging, beschloss er, in seine Heimat zurückzukehren. 

In New York erlebte er den Jahrestag der Unabhängigkeitserklärung, bevor er am 07. Juli 1867 das Auswandererschiff "Hammonia" bestieg und am 21. Juli in Hamburg eintraf. In München wird der letzte Kreuzer ausgegeben. Da ihm niemand hilft, macht er sich zu Fuß auf den Weg. Nur fünf Tage soll er unterwegs gewesen sein: Über Rosenheim, Kössen, Kitzbühel und Mittersill kommt er nach jeweils nur wenigen Stunden Rast und kaum Verpflegung schließlich erschöpft und ausgehungert in Fürth an. 

Nach seiner Rückkehr verpachtete er die Schmiede an seinen Sohn Johann und zog sich ganz in den Fürther Graben zurück, wo er mit dem Bau der Chinesenstadt begann.

1869 - Das Grundstück, auf dem er die Chinesenstadt errichtet, wird im Grundbuch als "Chinesischer Rosengarten" eingetragen. 

1879 - In der "Salzburger Zeitung" erscheint unter dem Titel "Der Einsiedler von Fürth. Ein Lebensbild aus dem Pinzgau" ein Porträt von Sebastian Perfeller, veröffentlicht von A. Posselt-Csorich. 

1883 - Sebastian Perfeller stirbt am 15. Juli und wird gegen seinen Willen nicht in der Chinesenstadt, sondern auf dem Friedhof in Piesendorf begraben. 


Das Grundstück im Fürther Graben, auf dem Perfeller im Laufe von 15 Jahren nach und nach die Chinesenstadt errichtete und dessen Grundbucheintrag als "Chinesicher Rosengarten" aus dem Jahr 1869 stammt, ist ca. 80 m lang und zwischen 15 und 25 m breit. An der Vorderfront hat die Chinesenstadt eine Länge von ca. 40 m, auf dem Rest des Grundstücks war ein See angelegt. Der Höhenunterschied zwischen der Freifläche neben der Brücke und der Giebelhöhe des obersten Pavillons (vermutlich das Observatorium) beträgt ca. 25 m. 

"Steigt man dann hinauf, sieht man das ganze Pinzgautal von Ost nach West und im Süden die hohen, schneebedeckten Eisberge".

Der Garten ist auf der der Ostseite des Baches nach chinesischem Vorbild terrassenförmig an einem steilen Berghang und an der Felswand angelegt. 

>Der Weg zu diesem Garten ist beidseitig mit einer Ahornallee bepflanzt. Mitten durch den Garten fließt ein kleiner, klarer Bach. Eine Brücke im amerikanischen Stil mit Dach führt über den Bach.<


Das Modell (links im Bild) kann derzeit leider nicht besichtigt werden! 

Der Bach sorgte im Sommer für Abkühlung, die vielen neu gepflanzten Lärchen, Ahorn-, Kirsch-, Kastanien-, Birnen- und Vogelbeerbäume, aber auch Rosen- und Holundersträucher sollten Schatten spenden und gestalterisch wirken. Wie A. Posselt-Csorich schreibt, hatte Perfeller den einzelnen Pavillons und Häuschen bestimmte Funktionen zugeordnet und Namen gegeben: 

>Zu oberst die Altane betitelt sich Observatorium, ein Stockwerk tiefer liegt die Billard- und Konversationsaltane, dann folgen die Galerie der Sieben Seligkeiten und die Journallese-Galerie, noch tiefer die Natur-historisch-geographisch-geologisch-astronomisch-biographische Bildergalerie.<

Aber auch eine Schmiede hatte er sich gebaut (links hinter der Brücke). In den Pavillons, Arkaden und Laubengängen hingen unzählige Bilder, alle von Jakob Mayer, dem Maler aus Wald im Pinzgau und Freund Perfellers. Goethe und Schiller waren zu sehen, der amerikanische Präsident Abraham Lincoln und der Kaiser von China. 

Die damaligen Besucher konnten auf zahlreichen Blechtafeln gemalte Landschaftansichten Nordamerikas und Stadtansichten von New York bewundern, aber auch zahlreiche Blumenbilder, Porträts und die 15 auf Leinwand gemalten Bildtafeln mit den 8 Seligkeiten und den 7 Sakramente. 

Die vier Elemente Wasser, Luft, Erde und Licht werden in ihren vielfältigen Erscheinungsformen zu einem harmonischen Ganzen zusammengefügt. Nichts anderes wollte auch Sebastian Perfeller mit seinem Experiment erreichen: In die bestehende Welt eine neue, nach eigenen Vorstellungen und Ideen gestaltete Welt zu setzen. 


Nach Perfellers Tod verfielen die hauptsächlich aus Weichholz errichteten Gebäudeteile nach und nach. Ein Brand in den späten 1890er Jahren zerstörte die Reste. 
 

Bild links: Ölgemälde - Porträt von Sebastian Perfeller im Alter von ca. 60 Jahren, umrahmt von Darstellungen von Reiseerlebnissen in Süd- und Nordamerika. 


Panoramaweg Piesendorf

Entlang des von Österreichs Wanderdörfern zertifizierten Themenweges kommst du an 10 verschiedenen Informationstafeln vorbei, unter anderem an der Tafel "Die Chinesenstadt".

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